Implementierung von CO2- reduzierten Betonen auf der Baustelle
Projektbeteiligte:
- Projektnehmer: Strabag Real Estate GmbH
- Projektkoordinatoren: bauXund forschung und beratung gmbh, forschen planen bauen Romm ZT
- Statik: Dr. Roland Mischek ZT GmbH
- Betontechnik: Dr. Johannes Horvath
- Prüfinstitut: Materialprüfanstalt Hartl GmbH
- Baufirma: Strabag SE
- Betonhersteller: Wopfinger Transportbeton Ges.m.b.H.
Beton- und Zementproduktion sind von erheblicher Umweltrelevanz, zugleich ist Beton weltweit der bei weitem verbreitetste Baustoff. Die Dekarbonatisierung der Bauwirtschaft ist ein globales Thema, das in diesem Projekt zu CO2-reduziertem Beton (RCC-Beton) um einen kleinen Schritt weitergebracht wurde. Die Entwicklung einer Strategie zum Einsatz von CO2-reduziertem Beton muss dafür die branchenübliche Anwendung des deskriptiven Konzeptes gemäß ÖNORM B 4710-1 überwinden. Der deskriptive Ansatz pauschaliert für Betonfestigkeiten aus Erfahrungswerten einen Mindestbindemittelgehalt und einem W/B Wert, kurz Design Konzept. Ein CO2-reduzierter Beton mit geringerem Klinkergehalt unterschreitet diesen Mindestbindemittelgehalt. Daher ist ein Nachweis über ein Konzept der gleichwertigen Betonleistungsfähigkeit (Equivalent Concrete Performance Concept – ECPC), kurz Performance Konzept, zu führen. Grundlage hierfür bildete, neben der ÖNORM B 4710-1, die künftige ONR 23339 „Regeln für die Umsetzung des Konzepts der gleichwertigen Betonleistungsfähigkeit“.
In zwei Versuchsreihen wurden praxisnahe Bauteile, die nach diesem Konzept hergestellt wurden, mit konventionell ausgeführten Bauteilen gleicher Bauart verglichen.
RCC lässt sich gleich gut zu Wand- und Deckenelementen verarbeiten wie konventioneller Beton. Dies haben die Versuche für den Sommer- und Winterfall gezeigt. Die Festigkeitskennwerte (Druckfestigkeit, E-Modul etc.) und sonstige Eigenschaften bzgl. Dauerhaftigkeit des Betons entsprechen nach 28 Tagen jenen von konventionellen Betonrezepturen.
Die Frühfestigkeitsentwicklung innerhalb der ersten 28 Tage ist unterschiedlich
- etwas langsamer bei unter 12 und 20°C,
- deutlich verlangsamt zwischen 5° und 12°C
- Verarbeitung unter 0°C wird ohne Sondermaßnahmen nicht empfohlen
Wesentlich für die Gleichwertigkeit der Leistungsfähigkeit ist für RCC die Nachbehandlung:
- Sommerbaustelle: Aufbringung von ausreichend Verdunstungsschutz zur Vermeidung von Rissbildung, geeigneter ist eine Abdeckung mit Folien etc. Schutz vor Austrocknung schützt den offenporigen Beton, der zu „Frühschwinden“ neigt.
- Winterbaustelle: Aufbringung eines Vlieses für bessere Frühfestigkeit durch Verlangsamung der Auskühlung des Bauteils, um Ausschalzeiten zu verkürzen.
- Wenn Nachbehandlung gut umgesetzt, dann sind Betonkennwerte (z.B. Karbonatisierung, Wasseraufnahme) gut und mit konventionellem Beton vergleichbar.
Ein Konzept der gleichwertigen Betonleistungsfähigkeit muss die verzögerte Frühfestigkeitsentwicklung eines CO2-reduzierten Betons durch geeignete Nachbehandlungsmaßnahmen durch die Baustelle kompensieren. Das Konzept beschreibt mit welchen Maßnahmen je nach Bauteil abhängig von der Außentemperatur im Beton Rissbildung verhindert oder Erstarrung beschleunigt werden soll.
Die Ergebnisse der Baustellenproben korrespondierten gut mit den Laborversuchen, welche im Vorfeld und parallel zu den in-situ-Versuchen durchgeführt wurden. Das Monitoring durch Concremote® System (von Doka) war wesentlich für die Einschätzung der Frühfestigkeit, da die Aushärtungsgeschwindigkeit über die Betonkern-Temperatur extrapoliert werden können.
Aus den Ergebnissen der Baustellenversuche entwickelte das Forschungskonsortium eine Maßnahmenmatrix für Wände und Decken zu Schalzeiten sowie zu Methode und Dauer der Nachbehandlungsarten in Abhängigkeit der Außenlufttemperatur. Diese Maßnahmen zur Nachbehandlung des Performance-Betons auf der Baustelle dienen einer optimierten Kompensation der verzögerten Frühfestigkeitsentwicklung von RCC entsprechend der Umgebungstemperatur. Performance-Beton kommt mit dieser Matrix aus empirisch ermittelten Werten einer möglichen normierten Qualitätssicherung und Risikoeindämmung einen Schritt näher.
Die Empfehlungen aus dem Forschungsprojekt richten sich an die Baubranche im Allgemeinen und die Betonbranche im Besonderen. Hier sollten schnellst möglich gemeinsame Randbedingungen für das Performance-Konzept als neuen Stand der Technik geschaffen werden.
(Quelle: RCC Ergebnisbericht GZ 2020-0.657.535, 04/2021)